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Mittwoch, 13. November 2019 Lebensraum Zurzibiet 37
zugsstreifen für Nützlinge. Durch das na- ter für Vögel sind durch unseren manchmal
türliche Zusammenspiel von Nützling und übertriebenen Ordnungssinn rar geworden. Vermeiden
Schädling kann der Schädlingsbefall in ei- Für die Überwinterung sind Beeren in Gär-
ner Kultur reduziert werden. «Und wir jä- ten oder Äpfel an den Bäumen lebenswich- Kirschlorbeer
ten Berufkraut», merkt Böhler an. Auch tig. «Baumgärten, einheimische Pflanzen, Sommerflieder /
entlang von Strassen und Gleisen, um die dürre Stauden und Samen brauchen die
Einschleppung auf die Felder zu verhin- Tiere – bis in den Frühling. Naturgärten Schmetterlingsstrauch
dern. Hier braucht es das gegenseitige Ver- oder Flächen im öffentlichen Raum fördern Götterbaum
ständnis zwischen Landwirtschaft und der die Biodiversität, wenn es mehr einheimi-
SBB und Strassenunterhalt. sche Pflanzen hat», erklärt Ehrensperger.
Die nachhaltige Bewirtschaftung von Dazu gehört auch die Bewirtschaftung Freisetzungsverbot
Flächen biete auch neue Möglichkeiten: von Strassenrändern und Schulhausumge- (Pflanzverbot)
«Es könnte zum Beispiel wieder mehr Stau- bungen. «Entscheidend ist, was gepflanzt
dengärtnereien mit einheimischen Pflan- und wie es bewirtschaftet wird.» Gross-
zen geben.» Oder Haselnüsse, die wieder mehrheitlich sollten heimische Pflanzen Nordamerikanische Goldruten
aus der Schweiz, statt der Türkei bezogen verwendet werden, keine invasiven wie Aufrechtes Traubenkraut (Ambrosia)
werden. Was es vor allem braucht, ist ein Kirschlorbeer. «Sommerflieder, Riesen- Drüsiges Springkraut
Konsument, der mitmacht. «Das Hauptkri- bärenklau, Ambrosia und Japanknöte- Riesen-Bärenklau
terium lautet: Vielfalt statt Einfalt», meint rich dürfen nicht mehr gesetzt werden.»
Ehrensperger. Damit trifft er wohl den Na- Hier sind wieder die Baubehörden gefragt Asiatische Staudenknöteriche
gel auf den Kopf. - Baugesuche genau überprüfen, Gestal- Essigbaum
tungspläne und Bepflanzungspläne. Ge-
Insekten schützen wisse Pflanzen würden dann einfach nicht
mehr bewilligt werden. Eine weitere Fra- Verbreiten
«Von ökologischer Seite her sind solche ge ist, wie Dächer bepflanzt oder genutzt
Strukturen wie hier mit Baumgarten, He- werden: «Auch kleine Flächen kann man Ersetzen Sie exotische Problempflan-
cke und vielen Kleinstrukturen sehr wert- naturnah bepflanzen – oder zur Energie- zen mit einheimischen Alternativen –
voll», lobt Ehrensperger. «Sie sind auch ein gewinnung einsetzen.» der Natur zuliebe:
wesentlicher Lebensraum für Wildtiere und Ein aktuelles Beispiel vorbildlich ge-
deren Vernetzung.» Das schweizerische stalteter Flächen im öffentlichen Raum ist Echtes Johanniskraut
Mittelland ist dicht bebaut – gut ein Vier- beim Schulhaus Tiergarten in Bad Zur zach Gemeiner Gilbweiderich
tel der noch vorhandenen Grünfläche liegt zu erleben. Waldweidenröschen
im Siedlungsraum. Daher ist jeder Einzelne
gefragt, auch in einer Blumenkiste auf dem Nützliche Informationen Wiesenbärenklau
Balkon kann man die Natur unterstützen – Wilde Brustwurz
wenn sie denn richtig bepflanzt ist. Haus- Ehrenspergers Garten ist sehr naturnah. Waldgeissbart
umgebungen, Gärten, öffentliche Räume «Eine Freude ist es, wenn ich 20 Minuten in Echtes Mädesüss
können naturnah gestaltet werden. «Ge- den Garten schaue und dabei zehn verschie- Eibe
meinden sollten mit gutem Beispiel voran- dene Vogelarten erblicke.» Gute Elemente
gehen. Es muss jeder seinen Beitrag leisten, in grösseren Gärten seien Kleinstruktu- Stechpalme
um den Artenverlust zu stoppen.» ren, Büsche, Hecken, Altholz, Asthaufen Vogelbeerbaum
Ehrensperger war schon immer gerne und Komposthaufen für Igel beispielsweise. Nussbaum
draussen in der Natur und kam vor 25 Jah- Wer der Natur auf dem Balkon, im Garten Roter Holunder
ren über die Amphibien zum Naturschutz. oder im Dorf mehr Platz einräumen will,
Die Klimaerwärmung und immer mehr erhält auf der Homepage www.floretia.ch Gewöhnliche Purpurweide
eingewanderte Arten hat er festgestellt. präzise Informationen zu geeigneten Pflan-
Auch, dass die Insektenmasse zurückgeht. zen. Auf www.bioterra.ch und www.missi-
«75 Prozent der Insekten sind bereits ver- onb.ch findet man zudem alles über Natur- menwiese mit Samen aus den USA ansäte.»
schwunden. Sie brauchen vielfältige Struk- garten und die Förderung der Biodiversität. Da darf man sich durchaus nach der Sinn-
turen. Dem Wesen nach ist ein naturnaher Es reicht schon eine Blumenkiste – aller- haftigkeit fragen. In einigen Gemeinden
Garten nicht abgeräumt, hat keine brachen dings mit einheimischen Blumen statt Ge- des Zurzibiets gibt es einen Natur- oder Vo-
Flächen. In Stauden können zum Beispiel ranien, denn diese bieten Insekten keine gelschutzverein. Dort gibt es vor Ort Leute
Schmetterlingseier und Puppen überwin- Nahrungsquelle. «Kürzlich hörte ich von mit viel Fachwissen, die gerne beraten und
tern. Diese Stängel sind zudem natürliche jemandem, dessen Gärtner eine Wildblu- unterstützen.
Wildbienenhotels», lacht er und mahnt im
gleichen Atemzug: «Unbedingt stehen las-
sen.» Insekten übernehmen rund 30 Prozent
der Bestäubungsleistung – sichern somit ei-
nen entscheidenden Teil unserer Nahrung.
Schwindender Lebensraum
Nicht nur die Anzahl der Insekten geht zu-
rück, auch die Zahl der Vögel nimmt ab.
Dies vor allem, weil der natürliche Lebens-
raum vieler Tiere schwindet. Kleine Rand-
notiz: «Für die 1,6 Millionen Katzen sind
Singvögel eine Abwechslung auf dem Spei-
seplan – bis zu 20 pro Jahr. Katzen sind auch
eine Bedrohung für Eidechsen und Blind-
schleichen. Doch auch Nistplätze und Fut- Totholzbeige für Wildbienen, Insekten und Kleinsäuger.